Zierleiste v01

Veröffentlicht vom PFORA bei PLE am 30. April 2023 (Tag der offenen Tür)


Das gezeigte Foto wurde ursprünglich 1980 von Wolfgang Meister im Staatsarchiv Augsburg (Neustadt) in den Regesten des Grafen Heinrich Waldbott von Bassenheim (1927-1935) entdeckt. Heinrich war ein Freund Karl Beuths. Das Foto eines original Gemäldes sollte bereits 1987 in einer Veröffentlichung der Gemeinde Schmitten erscheinen.

Frau Perker-Mader hatte bereits einen Artikel geschrieben und mit Wolfgang Meister abgestimmt, dieser erschien jedoch nie. Der Geschichtsverein Hochtaunus hatte davon keine Kenntnis. Am 11. Januar 2023 tauchte das Bild dann erstmals in einer Mail bei Recherchen zum Kirschgarten beim PFORA auf. Das Foto des Gemäldes wurde von Graf Heinrich im Antiquariat Hans Gutacker in Bonn erstellt.

Zu Wilhelm Adam Thierry
Dr. Peter Lingens (Stadtarchiv Bad Homburg): "Wilhelm Adam Thiery (*1761 in Bruchsal +1823 in Rudolstadt) war Hofzeichenmeister am Homburger Hof, in Meiningen wurde er ab 1794 bis 1810 Hofmaler, seine Karriere beendete er als Architekt in Rudolstadt. Homburger Arbeiten von Wilhelm Adam Thiery sind äußerst selten."

Im Stadtarchiv Bad Homburg liegen ebenfalls Unterlagen über Thierry vor. Als Buchtipp nannte Dr. Lingens: "Ismene Deter: Von Homburg nach Meiningen. Wilhelm Thierys Ansichten des Englischen Gartens in Meiningen, in: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte 17 (2010), S. 59–71."

Zu Hans Gutacker, Antiquariat in Bonn
Das Original befand sich 1933 im Antiquariat des Hans Gutacker in Bonn. Wolfgang Meister vermutet, dass Heinrich von Bassenheim das Gemälde gekauft haben könnte, da dieser auch eine Bilderliste von Gutacker anfertigen ließ und das Foto des Gemäldes in Bonn selbst anfertigte. Die Familie Schreyer, die das Antiquariat von Gutacker aufkaufte, wußten von Gutacker, dass er aus Reifenberg stammt. Das Antiquariat wurde allerdings im zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört. Eine Bestandsführung o.ä. wurde von Hr. Schreyer bei der Übernahme nicht gesehen. Gutacker hat zu Lebenszeiten (bis etwa 1980) auch nur Gemälde von noch lebenden Künstlern verkauft.

Auftragsarbeit
Das Gemälde war eine Auftragsarbeit für den Grafen Johann Maria Rudolf Waldbott von Bassenheim, dem Erbauer des Bassenheimer Renthofs. Es zeigt all dessen gräflichen Gebäude, wenn auch nicht an der korrekten Stelle. Einige sind erfunden, der Standort des Reitschulgartens und der Friedhofs sind aber korrekt. Alle hell gezeichneten Gebäude sind vermutlich in gräflichem Besitz.

Zum Foto selbst

[1] Die Reste des zweiten Wohnturms: Auch wenn es sehr brüchig aussieht, stand offensichtlich mehr als hundert Jahre nach der Schleifung der Burg 1689 der zweite Wohnturm noch. Dieser Wohnturm hat im 16. Jahrhundert der Familie der "Weller" von Reiffenberg gehört, die Wetterauer nutzten ihn mit der Zeit als Viehstall.

[2] Pferdestall des Renthofs: Vieh- und Pferdeställe sind auf dem Bild versetzt angeordnet, quer zum Betrachter. Dies ist eventuell so dargestellt, damit der Graf seine Gebäude schöner sehen konnte. Johann Maria Rudolf war ein absoluter Pferdenarr, daher war ihm die Ansicht des Stalles vermutlich wichtig. Der Betrieb des Gestüts wurde im Jahre 1800 aufgegeben, da Bassenheim für die Burg Friedberg hohe Kontribution an die Franzosen zahlen musste und sämtlicher Reifenberger Hafter verkauft werden musste. Der große Pferdestall ist 1926 abgebrannt.

[3] Reitschulgarten (davor bereits "Füllenweide" genannt): das PFORA lokalisierte erstmals den Pfarrgarten aufgrund eines Stockbucheintrags des Florian Wenzel schriftlich als den ehemaligen "Reitschulgarten". Es war bekannt, dass neben dem Kirschgarten auch der Reitschulgarten gelegen war und die Lage des Kirschgartens war dem PFORA bekannt. Der Reitschulgarten gehörte zum Gestüt des Bassenheimer Renthofs, der 1770 fertiggestellt wurde.

[4] Friedhof:
Der alte Friedhof bestand bis 1847 (Quelle: Zeitkapsel Sandstein-Kreuz), als der Bau der Kirche St. Georg begann und auch das Sandsteinkreuz verlegt wurde. Wie man im Bild gut sieht, ist der Friedhof ummauert gewesen. Er bereitete aber bereits 1814 nachweislich Probleme, da die Reifenberger Bevölkerung zu schnell gewachsen war und beim Ausheben von Gäbern manchmal nicht ganz verweste Leichenreste gefunden wurden.

Weitere, vermutlich gräfliche Gebäude:
[5] Häuser von Bediensteten oder "Corps de Garde", vielleicht beides.
[6] Vorgänger-Gebäude des Café Waldschmitt (siehe zum Zaun auch Gemälde Eugen Peipers von 1833)